Es ist der 27. Oktober 2016 und Marvel Studios schlägt ein neues Kapitel im MCU, dem Marvel Cinematic Universe auf. Parallele Dimensionen, alternative Realitäten und Magie gehören ab jetzt zum Kanon. Das Multiversum wurde aufgeschlossen.
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Hatten wir mit Iron Man und Captain America zunächst die Abenteuer auf der Erde im Fokus und mit Thor und den Guardians das kosmische Level erreicht, kommen wir nun zur übernatürlichen Seite von Marvels Comics. Doctor Steven Strange ist Neurochirurg in New York. Er ist eingebildet, hoch intelligent und nicht sehr empathisch. Gespielt wird er von Benedict Cumberbatch und er ähnelt in einigen Zügen doch stark dessen Darstellung von Sherlock Holmes in der BBC-Serie „Sherlock“.
Nach einem Unfall ist es ihm unmöglich, seine Hände weiter zu benutzen, was ihn effektiv seiner Berufung beraubt. Nach etlichen Operationen und Versuchen, Kollegen zu experimentellen Verfahren zu überreden, hört er von einem Mann, der nach einer Querschnittslähmung wieder laufen konnte. Sein Weg soll ihn schließlich nach Nepal führen, wo ein alter Guru ihm Heilung verschaffen können soll. Worauf er sich wirklich einlässt, kann er in der ersten Momenten, in der er mit den mythischen Künsten konfrontiert wird, nur erahnen.
„Doctor Strange“ baut ein neues Charakterensamble auf, das auf Anhieb funktioniert. Zum einen passt Cumberbatch die Rolle wie angegossen, zum anderen bekommt er ebenso präsente Mitstreiter, als auch Gegner. Angefangen bei Rachel McAdams („Spotlight“) als sein Anker in der normalen Welt. Sie erlebt wohl stellvertretend für uns, das Publikum, dass plötzlich Magie teil der Welt ist und ganz ohne die Damsel in Distress zu werden. The Ancient One (Tilda Swinton, „Hail, Caesar!“), Mordo (Chiwetel Ejiofor, „Der Marsianer – Rettet Mark Watney“) und Wong (Benedict Wong, „Marco Polo“) repräsentieren Stranges Mentoren in den mythischen Künsten. Sie sind alle recht unterschiedlich und anfangs glaubt nur Mordo sehr deutlich an Strange und seine Fähigkeiten.
Auf der Gegnerseite steht ein ehemaliger Schüler, ganz ähnlich wie Strange einer ist. Kaecilius (Mads Mikkelsen, „Hannibal“), geblendet von der Macht der dunklen Dimension und dem Willen, Unsterblichkeit zu erlangen, geht über die Leichen seiner ehemaligen Freunde und schart Eiferer um sich, um den übernatürlichen Schutz, den die Erde durch den Sorcerer Supreme erhält zu schwächen. „Doctor Strange“ ist natürlich eine Herkunftsgeschichte und deshalb muss ein vernünftiger Zeitraum darauf verwendet werden, Strange selbst und das Konzept des Multiversums einzuführen. Das gelingt nur so mittel in meinen Augen, da hier zu viele Baustellen auf einmal auftauchen und es leidet auch die Haupthandlung darunter. Seine Lehrzeit wird mehr oder weniger in ein paar Schlüsselmomenten angeschnitten und sonst in einer Montage weitestgehend übersprungen. Schließlich droht dank Kaecilius mal wieder der Weltuntergang.
Im Originalton habe ich oft wenig Probleme, aber „Doctor Strange“ würde ich tatsächlich noch einmal auf Deutsch sehen wollen. Zum einen spricht Cumberbatch sehr schnell und nuschelt dadurch fast – eben Sherlock-ähnlich – weil sein Hirn so schnell arbeitet und zum anderen wird man doch mit sehr viel Information in kurzer Zeit konfrontiert. Wenn man nicht schon in den Comics steckt. Die Haupthandlung leidet in der Form, dass sie an sich sehr einfach gehalten werden muss, damit der notwendige Rest abgearbeitet werden kann. Das wäre eigentlich eher nerdige Staffage. Der Gegner bleibt dadurch leider wieder recht farblos und Mikkelsen wird fast ein wenig verpulvert. Er hat immerhin eine persönliche Beziehung zu einigen Figuren um Doctor Strange und seine Motivation bzw. Obsession wird erklärt.
„Doctor Strange“ ist visuell beeindruckend und durchaus auch verwirrend. Effekte, die einen an „Inception“ erinnern, werden hier auf die Spitze getrieben. Oft ist es, als würde man das Geschehen durch ein Kaleidsokop betrachten. Humor und Chemie stimmen auf Anhieb, Marvel hat ein Händchen hierfür. „Doctor Strange“ macht nämlich einfach auch echt Spaß. Es ist ein wilder Trip durch Zeit und Raum und Regisseur Scott Derrickson (Sinister) lässt hier und da seine Horrorvergangenheit durchblicken. Das alles zusammen macht es auch für Nicht-Marvelfans sehr anschaubar. Die Verbindungen zum bisherigen MCU müssen erst noch geknüpft werden. Ich habe „Doctor Strange“ sehr gern gesehen und werde es wieder tun.
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